07/2022
Erdgas – Notfallplan und neue Umlagen
Die Bundesregierung hat im Bereich Erdgas Notfallmaßnahmen beschlossen, um sicherzustellen, dass Energieversorger und Importeure auch bei einem weiteren Anstieg der Preise noch Erdgas beschaffen können. Durch eine Änderung der Bezugsquellen müssen fehlende Erdgasmengen aus Russland nun zu höheren Kosten eingekauft werden.
Um diese Mehrkosten umzulegen, sieht die Bundesregierung aktuell zwei mögliche Vorgehensweisen vor:
- Die Importeure geben die erhöhten Ersatzbeschaffungskosten an die Energielieferanten weiter. Als Weiterverteiler sind sie gemäß § 24 Energiesicherungsgesetz (EnSiG) berechtigt und wirtschaftlich dazu gezwungen, die Preissteigerung an die Letztverbraucher weiterzugeben. Sollte dieses Szenario eintreffen, muss mit einer extremen Preiserhöhung innerhalb von wenigen Tagen (Vorlaufzeit von 7 Tage) gerechnet werden.
- Alternativ dazu kann gemäß § 26 EnSiG eine neue Umlage eingeführt werden, mit der die Unternehmen auf erster Importebene die Ersatzbeschaffungskosten finanziell ausgeglichen bekommen. Diese Umlage würde dann auf alle Letztverbraucher in Deutschland angewendet und die Kosten einheitlich und transparent verteilt werden.
Die zweite Vorgehensweise ist aus unserer Sicht die wahrscheinlichere.
Auch eine Erhöhung bestehender gesetzlicher Umlagen wird aktuell diskutiert und ggf. bereits ab 01.10.2022 umgesetzt:
- Einführung einer neuen Umlage zur Speicherbewirtschaftung
- Erhöhung der RLM-Bilanzierungsumlage
Über die konkrete Höhe gibt es derzeit noch keine finale Aussage.
Erdgaspreisniveau
Die Preisentwicklung haben wir Ihnen in folgender Grafik dargestellt. Insbesondere die Unsicherheit, ob nach der Wartung von Nordstream 1 wieder Gas geliefert wird, treibt derzeit den Preis in die Höhe.
Der aktuelle Erdgaseinkaufspreis für das Kalenderjahr 2023 liegt bei > 15 ct/kWh (reiner Energiepreis exkl. aller Steuern, Abgaben und Umlagen).
Strom
Die Preisentwicklung an der Strombörse zeigt leider ein ähnliches Bild. Neben den Unsicherheiten aus dem Bereich Erdgas und der Änderung der Erzeugungskapazitäten macht der Stromerzeugung jetzt auch noch die große Hitze zu schaffen.
Kündigungen, Vertragsänderungen und Preisanpassungen bei Beschaffungsverträgen aufgrund der Energiepreiskrise
Die Energiepreiskrise mit den seit Wochen anhaltenden beständig steigenden Strom- und Gaspreisen, bringt immer mehr Versorger in Bedrängnis. Infolgedessen versuchen die Versorger immer häufiger Bestandsverträge anzupassen oder die Belieferung zu beenden.
Sollte Ihnen eine entsprechende Mitteilung ins Haus flattern, dann helfen wir Ihnen gerne dabei, Ihre Ansprüche durchzusetzen oder einen neuen Lieferanten zu finden.
Start des Energiekostendämpfungsprogramms für energieintensive Industrien
Die hohen Energiekosten stellen die Wirtschaft vor große Herausforderungen. Ob Unternehmen aus Industrie, Handel oder sonstigem Gewerbe – alle sind davon betroffen und auf absehbare Zeit ist kein Abwärtstrend zu erwarten. Dies ist in der unsicheren Versorgungslage und den Lieferengpässen begründet, die durch die Reaktionen und Sanktionen aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine resultieren.
Um dem Kostenanstieg im Energiebezug für besonders betroffene Branchen entgegenzuwirken, plant die Bundesregierung, der Industrie Ausgleichszahlungen zu gewähren, die mit Mitteln aus dem Haushalt gedeckt werden sollen. Die Europäische Kommission hat diese Beihilfe der Bundesregierung am 14.07.2022 genehmigt. Das Programm wird durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) umgesetzt. Die Antragstellung ist ab dem 15.07.2022 möglich.
Der Zuschuss ist bei einer Höhe von 50 Millionen Euro je Unternehmen gedeckelt. Die Bezuschussung ist in drei Stufen untergliedert und berücksichtigt den Preisanstieg je Kalendermonat. Antrags- und zuschussberechtigt sind für die erste Stufe alle Unternehmen, deren Branche in Anhang 1 der KUEBLL gelistet sind und deren Energiebeschaffungskosten im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr sich auf mindestens 3 Prozent des Produktionswerts belaufen haben. Für die zweite und dritte Stufe gelten dann weitere, engere Voraussetzungen.
Die Antragstellung erfolgt über das ELAN K2-Portal. Die Frist für die Antragseinreichung ist der 31.8.2022 und ist als materielle Ausschlussfrist ausgestaltet. Ein Fristversäumnis hat also zur Folge, dass der Anspruch entfällt.
Nähere Einzelheiten können Sie der gemeinsamen Pressemitteilung von BMWK und BMF vom 14.07.2022 sowie dem Link www.bafa.de/ekdp zur Antragsplattform des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle entnehmen.
Gerne unterstützen wir bei der Antragstellung.
Zertifizierung von Erzeugungsanlagen und Anlagenzertifizierungen gemäß aktueller Netzanschlussregeln
In Deutschland unterliegen Stromerzeugungsanlagen am Mittel-, Hoch- oder Höchstspannungsnetz, unabhängig von der jeweiligen Stromerzeugungstechnologie, der Zertifizierungspflicht.
Am 24.04.2018 hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) die Leistungsklassen definiert. Demnach müssen Betreiber von Wind-, PV- und Speicheranlagen bereits ab einer Leistung von 135 kW ein Anlagenzertifikat beim Netzbetreiber einreichen. Bei Erzeugungsanlagen von 135 kW bis 950 kW handelt es sich um das sogenannte vereinfachte Anlagenzertifikat, auch Anlagenzertifikat B genannt. Damit wird gegenüber dem Netzbetreiber sichergestellt, dass alle Anforderungen aus der VDE-AR-N 4110 eingehalten werden und eine konforme Inbetriebnahme der Anlage am Netz stattfindet. Dies gilt gleichzeitig als Voraussetzung sowie Nachweis der Einhaltung der Netzanschlussrichtlinien bezüglich der elektrischen Eigenschaften für den dauerhaften Anschluss am Netz und dessen Vergütung.
Das Anlagenzertifikat wird in der Planungsphase erstellt und ist vor Inbetriebnahme/Zuschaltung beim Netzbetreiber einzureichen. Nach der Inbetriebnahme ist der Nachweisprozess durch eine Konformitätserklärung zum Anlagenzertifikat abzuschließen.
Sollte dem Netzbetreiber kein Zertifikat vorgelegt werden, kann dieser die endgültige Betriebserlaubnis für die Stromerzeugungsanlage verweigern.
Anlagen, deren Netzanschluss bis zum 27.04.2019 beantragt wurde, oder die eine Baugenehmigung bzw. eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz erhielten und in Folge bis zum 30.06.2020 in Betrieb gingen, gelten als sogenannte „Bestandsanlagen“ und können somit noch nach dem BDEW MSR 2008 ans Netz genommen werden. Sie müssen somit kein Anlagenzertifikat vorweisen.
Das Nachweisdokument für den Netzanschluss von Erzeugungsanlegen wird von akkreditierten Zertifizierungsstellen ausgestellt.